Verkehr

Limmerstraße – Deutschlands schnellste Fußgängerzone

FussgaengerzoneFußgängerzone Limmerstraße, Hannover-Linden

Nachdem sich die Limmerstraße bereits vor Jahren für den Titel der am stärksten befahrenen Fußgängerzone beworben hat, ist jetzt der nächste fragwürdige Titel in Sicht.

Die Limmerstraße in Hannover-Linden dürfte die schnellste Fußgängerstraße Deutschlands geworden sein. Busse und Bahnen drängen in der Fußgängerzone mit hohem Tempo an Fußgängern und Radfahrern vorbei, im Sog eilen Paketdienste und Lieferanten mit ihren großen Fahrzeugen durch die Menge. Dazwischen Taxen, Rettungsdienste, Anrainer.

Bewohner der Limmerstraße haben nun auf die sich häufenden kritischen Vorfälle aufmerksam gemacht. Daraus entstand die Entschleunigungs-Initiative „Tempo 15“, die von den Grünen in den Bezirksrat Linden-Limmer eingebracht wurde.

Wir stecken in einem Umdenkprozess, der stärker die Bedürfnisse der Menschen vor Ort als die funktionale Stadt ins Zentrum der Betrachtung rückt. Wohnen, Arbeit, Familie und Freizeit sollen miteinander in Beziehung stehen, ohne dass Schnelltrassen die Wege durchschneiden. Entschleunigung ist zu einem Begriff für ein neues Bewusstsein jenseits von Alttagsstress und durchreglementierter Berufswelt geworden. Die Cafés, der Bummel an den Läden entlang und das abendliche „Limmern“ führen dazu, in der Limmerstraße mehr als die reine Einkaufsfunktion zu sehen. Hier in Linden ist die Limmerstraße ein zentraler Ort, an dem der Wunsch nach Entschleunigung deutlich zu spüren ist. Die Fußgängerzone mit ihren inzwischen verblassten blauen Markierungen war die richtige Antwort auf diese Entwicklung. Über die Jahre ist aber deutlich geworden, dass die hohe Geschwindigkeit der Bahnen und Busse nicht mehr in das Gefüge der Fußgängerzone passen und als bedrohlich empfunden wird.

Eine Handmessung der Geschwindigkeit der Linie 10 zwischen Küchengarten und Leinaustraße hat einen Wert von 55 Sekunden für 400 Meter Strecke ergeben (Messpunkte Selmastraße bis Leinaustraße, exakt die Strecke, auf der überhaupt außerhalb der Haltestellenbereiche 30 km/h gefahren werden kann). Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h. Tempo 15 würde, auf die Strecke gerechnet, eine ca. 20 Sekunden längere Fahrzeit der Öffis bedeuten. Das müsste von den Fahrgästen in Kauf genommen werden, um eine Befriedung der Verkehrssituation in der Limmerstraße zu erreichen. Vielleicht hilft es auch den Bahn- und Busfahrerinnen und –fahrern, stressfreier durch die Fußgängerzone zu kommen.

Gerade dort, wo viele Menschen sind, müssen wir das Risiko durch schnellen Verkehr mindern. Der Wunsch nach schneller Zielerreichung darf nicht zu einem höheren Risiko der Verletzbarkeit führen. Vor allem alte Menschen, Sehbehinderte, Kinder sowie querende und abgelenkte Menschen sind gefährdet. Es ist leider nicht von der Hand zu weisen, dass insbesondere das schnelle Einfahren in die Haltestellenbereiche in Hannover immer wieder zu schweren Unfällen führt. Für eine Fußgängerzone muss die Vorsicht, die in jedem Haltestellenbereich gewährleistet sein sollte, auf der gesamten Länge gelten. Konsequent zu Ende gedacht, wäre dies ein Shared Sace mit Schrittgeschwindigkeit, wie vor dem Hauptbahnhof Hannover erfolgreich praktiziert. Oder Tempo 10, wie in Berlin am Alex.

Vor diesem Hintergrund sollte das geforderte Tempo 15 als akzeptabler Kompromiss zwischen zügiger Durchfahrt der Öffis und lebendiger Fußgängerzone erscheinen. Die Stadt ist aufgefordert zu handeln, bevor weitere Unfälle zu beklagen sind.

Dazu der Bericht in der Neuen Presse vom 9.11.2014:141109_np_tempo15

 

 

 

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